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23. Berliner Abendgespräch

"Offen für alle – Mein Weg zur Gründung der liberalen Ibn Rushd-Goethe Moschee in Berlin"

Es spricht Seyran Ateş, Rechtsanwältin und Gründerin der Ibn Rushd-Goethe Moschee, zum Thema:

"Offen für alle – Mein Weg

zur Gründung der liberalen Ibn Rushd-Goethe Moschee in Berlin".

Donnerstag, den 19. April 2018 um 19:00 Uhr

P+P Pöllath + Partners, Berlin

Potsdamer Platz 5, 10785 Berlin, 16. Etage

Am 16. Juni 2017 wurde in Deutschland die erste liberale Moschee, die Ibn Rushd-Goethe Moschee eröffnet, und zwar maßgeblich von der Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ateş.

''In unserer Moschee soll es auf keinen Fall eine Geschlechtertrennung geben, keinen Kopftuchzwang und neben dem Iman auch eine Imamin. Zudem sollen sich bei uns alle Rechtsschulen (Sunniten, Schiiten, Sufis, Aleviten) des Islam treffen, austauschen und zusammen beten." Auch Gläubige anderer Religionen, Agnostiker und Atheisten sind willkommen.

Mit der Gründung ist Seyran Ateş ihrem Anliegen ein Stück näher gekommen, den Islam von innen heraus zu reformieren, einen Islam zu fördern, der in der Moderne angekommen ist und der den Koran und die Hadithen zeitgemäß und insbesondere geschlechtergerecht auslegt: Die Moschee soll muslimischen Männern und Frauen, die sich nicht mehr vorschreiben lassen wollen, wie sie ihre Religion zu leben haben, eine spirituelle Heimat sein, tolerant, gewaltfrei und gendergerecht.

Die nachhaltige Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern, das freie Zusammenleben der Geschlechter ist für Frau Ateş die größte Herausforderung im Reformierungsprozess des Islam, im gelebten Alltag von Mitbürgern/innen islamischen Glaubens wie auch bei der Integration muslimischer Flüchtender/Asylsuchender.

Wie schon bei der Veröffentlichung ihrer Streitschrift Der Islam braucht eine sexuelle Revolution war das internationale Medienecho groß. Die überwiegend negative, aber auch sehr viel positive Resonanz aus der muslimischen Welt überrascht nicht: Frau Ateş stellt islamische Traditionen und Tabus fundamental in Frage. Seit den erneuten Morddrohungen steht sie unter Personenschutz durch das LKA.

Der steinige Weg bis zur Gründung einer liberalen Moschee, die Ausbildung zur Imamin in der Türkei und der schwierige Start sollen an dem Abend im Mittelpunkt stehen. Aber auch über die Ablehnung, die massiven Bedrohungen vor allem von muslimischer Seite und die bedrohliche Situation, in die Frau Ateş geraten ist, soll gesprochen werden.

Zur Vortragenden:

Seyran Ateş ist in Istanbul geboren und kam mit sechs Jahren nach Deutschland.

Zur Finanzierung ihres Jurastudiums arbeitete sie im Kreuzberger Treff- und Informationsort (TIO) für türkische und kurdische Migrantinnen, die sich vor häuslicher Gewalt schützen wollten. 1984 erschoss während einer Beratung ein Mann – nachweislich ein Mitglied der nationalistischen türkischen Gruppe Graue Wölfe – Seyran Ateş' Klientin und verletzte sie selbst lebensgefährlich. Die Genesung und Heilung von den Folgen des Attentats zog sich über sechs Jahre hin.

1997 schloss sie ihr zweites Staatsexamen erfolgreich ab.

Seyran Ateş wandte sich in der Integrationsdebatte gegen die in ihren Augen gescheiterte konzeptlose Idee der Multikulturalität, die ein bloßes Nebeneinander der Kulturen für ausreichend hält. Sie vertritt stattdessen die Idee der Transkulturalität. Sie kämpfte in Vorträgen und Veröffentlichungen gegen das aufgezwungene Kopftuch und das Kopftuch in repräsentativen Berufen, gegen Zwangsheirat und sog. Ehrenmorde. Sie setzte sich für mehr aufsuchende Integrationsarbeit durch Sozialarbeit in Familien türkischer und kurdischer Herkunft ein und forderte als erste einen eigenen Straftatbestand Zwangsverheiratung, der Frauen und Männer besser vor Zwangsehen schützt.

Während ihrer Anwaltstätigkeit folgten weitere Bedrohungen und tätliche Angriffe von Verfahrensgegnern und politischen Gegnern. Deshalb sah sich Seyran Ateş 2006 gezwungen, ihre Anwaltszulassung zurückzugeben. 2007 nahm Ateş ihre Arbeit als Anwältin wieder auf, zog sich allerdings 2009 erneut aus der Öffentlichkeit zurück. Der Grund für diesen Schritt waren Morddrohungen, die sie nach dem Erscheinen ihres jüngsten Werks Der Islam braucht eine sexuelle Revolution erhalten hatte. Im Sommer 2012 nahm sie ihre Tätigkeit als Anwältin wieder auf, um insbesondere hilfesuchenden Frauen als Anwältin zur Verfügung zu stehen.

2012 beantragte Ateş, aus der türkischen Staatsbürgerschaft entlassen zu werden.

2016 lässt sie sich zur Imamin ausbilden; im Sommer 2017 wird die maßgeblich von ihr mitbegründete liberale Ibn Rushd-Goethe Moschee in Berlin eröffnet.

Referenten: Seyran Ateş (Ibn Rushd-Goethe Moschee)
Datum
19.04.2018
Uhrzeit: 19:00
Ort
P+P Pöllath + Partners
Potsdamer Platz 5
10785 Berlin
Veranstalter
P+P Pöllath + Partners