Bastian Roos Wüste
· Beyond

Bastian Roos – Meine Reise auf dem Israel National Trail („Shvil Israel“)

Israel ist eines der spannendsten und komplexesten Länder der Welt, das jedoch in den Medien meist nur mit Krieg und Terror in Verbindung gebracht wird. Schon während mehrerer Studienaufenthalte und Reisen lernte ich Israel kennen und schätzen, wusste aber immer, dass es noch viele andere Facetten zu entdecken gibt. Mir stellte sich oft die Frage, ob und wie sich mein Verhältnis zu diesem Land über einen längeren Zeitraum verändern wird. Ich entschloss mich also dazu, vor meinem Rechtsreferendariat 2017, das Land auf dem 1.100km langen „Shvil Israel“, Israels einzigem echten Fernwanderweg, zu Fuß zu durchlaufen. Bereits drei Jahre zuvor bin ich auf dem 88-Tempel-Weg durch Japan gewandert und wusste, dass ein solches Vorhaben nicht nur schöne und interessante Erfahrungen, sondern auch große Herausforderungen mit sich bringt. Nichtsdestotrotz haben mich Ehrgeiz und Neugier angespornt erneut zu starten.

Der Weg durch Japan war geprägt von Zivilisation pur – der Israel National Trail hingegen führte mich zu Beginn erst einmal drei Wochen durch die Wüste. Diesen ersten Abschnitt betrachte ich als aufregendstes Highlight und gleichzeitig als größte Herausforderung meiner Reise. Aufgrund der extremen Temperaturunterschiede in der Wüste bedarf es einer genauen Reiseplanung und –vorbereitung, um weder in die größte Wüstenhitze, noch in die stärkste Kälte zu gelangen. Wasser- und Essensdepots mussten vorab in der Nähe von 12 Night Camps im Boden vergraben werden.  Im Februar startete ich dann meinen ersten Abschnitt durch die Wüste, bei teilweise nächtlichen Temperaturen um den Gefrierpunkt. An zwei Stellen in der Nähe von Night Camps wurde das Essen von Tieren ausgegraben. Andere Wanderer halfen aber mit Essen aus.

Nach drei Wochen ließ ich die Wüste hinter mir und wanderte weiter am Strand von Tel Aviv, durch Galiläa, bis zum Ende des Wegs, nur wenige Meter vor der libanesischen Grenze. Übernachtet habe ich in diesem Abschnitt meist bei sogenannten „Trail Angels“, Menschen, die den Wanderern kostenlose Unterkunft anbieten. Oder aber ich wurde spontan zum Essen oder zur Übernachtung eingeladen. Dies waren sehr gute und prägende Erfahrungen.

Rückblickend habe ich aus meiner 8-wöchigen Wanderung durch Israel vieles mitnehmen können. Zum einen habe ich das Land selbst nochmal aus einer ganz anderen Perspektive kennen gelernt – von der Einsamkeit der Wüste und doch begleitet vom Geräusch der Militärübungen über die Hilfsbereitschaft und Offenheit der Einheimischen bietet das Land eine besondere Vielfalt wie nur wenige Länder auf der Welt. Zum anderen durchlebt man selbst eine Veränderung während einer solchen Reise: hin zur völligen Entschleunigung, auf sich und das Wesentliche konzentriert und in heller Vorfreude auf eine im Boden vergrabene Flasche mit Trinkwasser.

Ansprechpartner