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Finale Fassung des BMF-Schreibens zur Besteuerung von Krypto Assets veröffentlicht

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 11. Mai 2022 das lang erwartete Schreiben „zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token” veröffentlicht. Dies sind die wichtigsten Aspekte für deutsche Investoren:

ZUSAMMENFASSUNG

Die Spekulation mit Krypto Assets ist für Privatinvestoren nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei, solange sie die Schwelle zum „gewerblichen Händler“ nicht überschreitet. Eine präzise Bestimmung dieser Schwelle fehlt weiterhin. Damit verbleiben Unsicherheiten, etwa bei indirekten Investments über Fonds.

Die zunächst vom BMF angekündigte Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre in Fällen sog. Stakings oder Lendings findet ausdrücklich keine Anwendung.

Beim sog. Proof-of-Stake wird die Schwelle zur Gewerblichkeit für Validatoren niedrig angesetzt. Das wird die Branche beschäftigen.

Während die Steuerfreiheit nach einem Jahr Haltedauer für (passive) Investoren sehr erfreulich ist und das BMF-Schreiben insgesamt für mehr Rechtssicherheit in vielen aktuellen Fällen sorgt, wird es nicht zum Motor für Innovationen der Branche. Es schweigt beispielsweise zu sog. NFTs.

1. Definitionen

Das BMF-Schreiben erläutert ausführlich die wesentlichen Grundlagen und Begriffe. Neben der Definition virtueller Währungen und Token werden auch die Begriffe Mining, Staking, Lending, Airdrops, Wallets, Masternodes, Forks und ICOs eingeführt und erläutert. Dieser Ansatz begriffliche Klarheit zu schaffen ist begrüßenswert, wenngleich es bei Sonderfällen auch künftig Erläuterungsbedarf bzgl. der technischen Vorgänge geben wird.

2. Krypto Assets stets Wirtschaftsgut

Nach Ansicht des BMF stellt jede Einheit eines Krypto Assets ein Wirtschafsgut dar, das regelmäßig dem Inhaber des „Private Key“ zuzurechnen ist. Damit ist jede dieser Einheiten steuerlich relevant und ihre Veräußerung oder Tausch – nicht nur in Fiat, sondern auch in eine andere Kryptowährung – stets ein steuerlich realisierender Vorgang. Ob diese Auffassung Bestand haben wird, wird der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuell anhängigen Verfahren (Az. IX R 3/22) entscheiden.

3. Handel Krypto-zu-Krypto steuerbar

Das BMF hält an der Besteuerung des Tausches von Krypto Asset zu Krypto Asset fest. Damit geht Deutschland einen Weg, der in anderen EU-Ländern wie bspw. Österreich oder Frankreich nicht geteilt wird; dort wird erst bei Rücktausch in eine Fiat-Währung besteuert. Die angestrebte präzisere Besteuerung und theoretisch größere Steuergerechtigkeit stellt jedoch ein praktisches Erhebungsproblem für die Finanzämter dar, die über den Handel von Krypto-zu-Krypto in vielen Fällen keine Erkenntnisse erlangen werden.

4. Grenze zum gewerblichen Kryptohändler weiterhin unpräzise

Das BMF-Schreiben konnte die Hoffnungen bzgl. einer greifbaren Abgrenzung zwischen gewerblichem Handel mit Krypto Assets und privater Vermögensverwaltung nicht erfüllen.
Das BMF verweist auf die Abgrenzung für gewerbliche Wertpapierhändler. Danach ist der An- und Verkauf von Krypto Assets für sich allein, auch wenn er einen erheblichen Umfang annimmt und sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, noch nicht ausreichend für die Annahme von Gewerblichkeit, „solange er sich in den gewöhnlichen Formen, wie sie bei Privatleuten die Regel bilden, abspielt.“ Diese aus dem Wertpapierhandel entnommene Abgrenzung hilft beim Krypto-Han-del, dem naturgemäß eine andere Geschwindigkeit anhaftet und für den eine Üblichkeit unter Privatleuten noch gar nicht besteht, nur begrenzt weiter.

5. Private Investitionen nach einem Jahr steuerfrei

Im Privatvermögen ist der Veräußerungsgewinn aus Krypto Assets nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei. Eine zunächst im Juni 2021 vom BMF zirkulierte Auffassung, dass es bei bestimmten typischen Vorgängen (Staking, Lending) zu einer Verlängerung der Haltefrist auf zehn Jahre kommen könnte, wurde nun ausdrücklich aufgegeben.
Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns dürfen Steuerpflichtige die First-in-First-out-Methode (FiFo) oder nach eigener Wahl die Durchschnittsmethode anwenden.
Im Übrigen enthält das BMF-Schreiben weitere Hinweise zur Ermittlung der Haltedauer sowie des Veräußerungsgewinnes in Einzelfällen. Insbesondere muss der Steuerpflichtige nicht mehr, wie ursprünglich vom BMF gefordert, den „Durchschnittswert von drei Exchanges“ ermitteln. Stattdessen genügt die Angabe des Kurses auf einer Handelsplattform. Dadurch erfährt die Deklaration dieser Vorgänge eine höhere Rechtssicherheit.

6. Krypto Assets als Arbeitslohn

Erlangen Arbeitnehmer Krypto Assets als Bestandteil ihrer Vergütung oder können verbilligt solche Einheiten erwerben, kommt grundsätzlich eine Besteuerung als geldwerter Vorteil in Betracht. Hier stellt das BMF klar, dass nach seiner Auffassung die Einbuchung in die Wallet des Arbeitnehmers der maßgebliche Zufluss- und Bewertungszeitpunkt ist, es sei denn, die versprochenen Krypto Assets können schon vor Einbuchung in die Wallet gehandelt oder abgetreten werden. Eine ursprünglich vom BMF geforderte Listung der ausgezahlten Einheiten an Krypto Exchanges wurde nunmehr aufgegeben.

7. Mining regelmäßig gewerbliche Anschaffung

Bei der Blockerstellung durch Mining im sog. Proof-of-Work-Verfahren geht das BMF grds. von einer gewerblichen Tätigkeit aus. Das kann auch für Teilnahme an Mining-Pools gelten, bei dem die einzelnen Miner ggf. als Mitunternehmer angesehen werden können.
Neu erstellte Einheiten gelten als ertragsteuerlich „angeschafft“ und sind entsprechend zu bilanzieren. Die Einordnung als „Anschaffung“ wird von den Gerichten zu prüfen sein, da es bei der Erstellung neuer Einheiten an einem derivativen Erwerb von einem Dritten fehlt, der eine Anschaffung charakterisiert.

8. Staking ≠ Proof of Stake (Forging)

Bei der Blockerstellung im sog. Proof-of-Stake-Verfahren vertritt das BMF folgende Abgrenzung: Sog. Validatoren (in der Diktion des BMF: „Forging“) erzielen grds. Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Anders soll es für Delegatoren sein (in der Diktion des BMF: „Staking“), die sog. sonstige Einkünfte erzielen. Der praktische Unterschied kann im Einzelfall gering sein; unter Umständen sind beide Tätigkeiten mit wenigen Minuten Aufwand im Jahr initiiert. Der steuerliche Unterschied ist jedoch signifikant, da im erstgenannten Fall die eingesetzten sowie die erzielten Krypto Assets gewerblich verstrickt werden.

Autoren: Dr. David Hötzel, Dr. Marcus Niermann, Dr. Marco Ottenwälder
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