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Steuerliche Anerkennung des Carried Interest als Gewinnverteilungsabrede

Das Finanzgericht München schloss sich mit Urteil vom 17. November 2020 (Az. 12 K 2334/18) der Auffassung der Klägerin an und bestätigte, dass der Carried Interest Bestandteil der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Gewinnverteilung und kein verdecktes Entgelt der Investoren an die Initiatoren darstellt. POELLATH vertrat die Klägerin im Rechtsbehelfsverfahren.

Von diesem Urteil profitieren insbesondere private Anleger eines als Personengesellschaft strukturierten vermögensverwaltenden Private Equity Fonds, da für diese Anleger das Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG nicht anwendbar ist.

Zusammenfassung der Änderungen

  • Der Carried Interest ist als kapitaldisproportionale Gewinnverteilung grundsätzlich steuerlich anzuerkennen. Er ist auf Ebene des Fonds als Gewinnanteil der Initiatoren zu behandeln und mindert daher die Einkünfte der Investoren.

  • Die steuerliche Spezialvorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die den Carried Interest aus vermögensverwaltenden Fonds auf Ebene der Initiatoren in Einkünfte aus selbständiger Arbeit umqualifiziert, berührt die steuerliche Anerkennung der kapitaldisproportionalen Gewinnverteilung auf der Ebene des Fonds nicht.

  • Beim Carried Interest handelt es sich entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht um beschränkt abziehbaren Aufwand der Investoren.

A. Sachverhalt: Behandlung des Carried Interest bei vermögensverwaltenden Private Equity Fonds durch die Finanzverwaltung

Im Rahmen steuerlicher Betriebsprüfungen bei vermögensverwaltenden Private Equity Fonds behandelte die Finanzverwaltung den Carried Interest nicht als steuerlich anzuerkennende Gewinnverteilungsabrede.

Stattdessen nahm sie die Gewinnverteilung auf Ebene des Fonds kapitalproportional vor:
In einem ersten Schritt erhöhte die Finanzverwaltung die Einkünfte der Gesellschafter um den Anteil am Carried Interest. In einem zweiten Schritt unterstellt die Finanzverwaltung, dass die Investoren diese Beträge als Dienstleistungsvergütung an die Initiatoren zahlen würden. Da die Investoren aber tatsächlich nur einen um den Carried Interest gekürzten Gewinnanteil erhielten, nahm sie an, dass der Carried Interest als Tätigkeitsvergütung im abgekürzten Zahlungsweg, durch direkte Zahlung vom Fonds an die Initiatoren, gezahlt worden sei.

Daher seien die Einkünfte des Fonds zunächst den Investoren gemäß deren Beteiligungsquote zuzurechnen und zu versteuern. Da die Zahlung des Carried Interest an die Initiatoren bei privaten Anlegern teilweise dem Abzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG unterlag, von den Initiatoren jedoch vollständig versteuert werden musste, kam es somit zu einer doppelten Besteuerung.

B. Kernaussage des FG-Urteils

Der Carried Interest ist grundsätzlich als steuerlich anzuerkennende kapitaldisproportionale Gewinnverteilungsabrede zu qualifizieren. Die steuerliche Gewinnverteilung sowie die Verteilung des Einnahmen- und Werbungskostenüberschusses richten sich nach dem Gewinnverteilungsschlüssel, wie er sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages ergibt. Aufgrund des Interessengegensatzes der Gesellschafter eines Private Equity Fonds gibt es regelmäßig keinen Anlass, die Wirksamkeit einer Gewinnverteilungsabrede in Zweifel zu ziehen und sie steuerlich nicht anzuerkennen.

Es liegt außerdem keine verdeckte schuldrechtliche Tätigkeitsvergütung vor, da der Carried Interest nicht als Aufwand gebucht wird und den Initiatoren nur zusteht, wenn Gewinne erwirtschaftet werden. Auf Ebene des Fonds ist der Carried Interest daher als Gewinnanteil zu behandeln.

Auch die Sondervorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG berührt dieses Ergebnis nicht. Danach wird zwar der Carried Interest aus einem vermögensverwaltenden Private Equity Fonds auf Ebene der Initiatoren in Einkünfte aus selbständiger Arbeit umqualifiziert, dies hat jedoch keine Auswirkung auf die steuerliche Qualifizierung der Gewinnverteilungsabrede auf Ebene des Fonds. Schon der Wortlaut der Norm spricht vielmehr für eine Einordnung des Carried Interest als Gewinnanteil, da darin auf Einkünfte abgestellt wird, die für die Förderung des Gesellschaftszwecks erzielt werden. Dies spricht auch gegen die Annahme, dass die Initiatoren eine Leistung an die Investoren erbringen würden. Insoweit ist auch Randnummer 24 des Private Equity Erlasses (BMF-Schreiben vom 16.12.2003) überholt.

Schließlich ändern weder § 39 AO noch § 1 Abs. 19 Nr. 7 KAGB etwas an der steuerlichen Qualifikation des Carried Interest als Ergebnisanteil. Bei der Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 AO werden den Gesellschaftern letztlich die anteilig erzielten Einkünfte des Fonds nach Maßgabe des Gewinnverteilungsschlüssel zugewiesen. § 1 Abs. 19 Nr. 7 KAGB spricht schließlich von einem „Anteil an den Gewinnen“ eines AIF und gilt im Übrigen nur für das KAGB. Folglich geht auch das KAGB davon aus, dass der Carried Interest einen Gewinnanteil darstellt.

C. Einordnung und Ausblick

Das FG München liegt mit seinem Urteil auf einer Linie mit der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 11. Dezember 2018; VIII R 11/16) und der herrschenden Meinung im Schrifttum. Erfreulich deutlich stellt das FG klar, dass es sich beim Carried Interest nicht um beschränkt abziehbaren Aufwand der Investoren sondern um eine steuerlich anzuerkennende Gewinnverteilungsabrede bei Private Equity Fonds handelt.

Dem landesweit bekannten Vorgehen der Finanzverwaltung, den Carried Interest in Aufwand umzuqualifizieren, wird mit diesem Urteil der Wind aus den Segeln genommen. Aufgrund der Tragweite des Urteils wurde die Revision beim BFH zugelassen.

Autoren: Peter F. Peschke, Dr. Peter Bujotzek, Prof. Dr. Dieter Birk, Dr. Andreas Rodin, Uwe Bärenz, Amos Veith, Ronald Buge, Raphael Baumgartner
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