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Bundesregierung beschließt Verschärfung der Investitionskontrolle im Gesundheitssektor

Die Bundesregierung hat am 20. Mai 2020 die 15. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (15. AWV-Novelle) verabschiedet. Der Fokus dieser sogenannten Corona-Novelle liegt auf dem Gesundheitssektor. Die Novelle tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Laut Bundeswirtschaftsminister Altmaier soll die 15. AWV-Novelle sicherstellen, dass die Bundesregierung von kritischen Unternehmenserwerben im Gesundheitssektor erfahren und diese prüfen könne. Die aktuelle Corona-Krise zeige, wie wichtig medizinisches Know-how und eigene Produktionskapazitäten in Deutschland und Europa in Krisensituationen sein können. Die Änderungen sind allerdings nicht befristet.
Weitere Vorschläge zur Änderung der AWV will das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) noch im Sommer vorlegen. Mit diesen wird die Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes ergänzt, die bereits am 8. April 2020 vom Bundeskabinett beschlossen wurde und sich gegenwärtig im parlamentarischen Verfahren befindet (vgl. unsere Mandanteninformation hierzu).

Key Facts

  • Ausweiterung der Meldepflicht auf Investitionen in den Bereichen Arzneimittel, Medizinprodukte, Schutzausrüstungen und In-vitro-Diagnostika
  • Präzisierung des Untersagungskriteriums
  • Klarstellung der Investitionskontrolle für Asset-Deals
  • Konkretisierung des Meldepflicht

Wir haben nachfolgend im Detail die wichtigsten Änderungen zusammengefasst.

1. Ausweiterung der Meldepflicht

Mit der 15. AWV-Novelle soll die Meldepflicht von (unmittelbaren oder mittelbaren) Erwerben von mindestens 10 % der Stimmrechte an deutschen Unternehmen durch Er-werber von außerhalb der EU oder EFTA auf Zielunternehmen ausgeweitet werden, die

  • Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Arzneimittelgesetz, die für die Gewährleistung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung wesentlich sind, einschließlich deren Ausgangs- und Wirkstoffe, entwickeln, herstellen oder in Ver-kehr bringen oder Inhaber einer entsprechenden arzneimittelrechtlichen Zulassung sind;
  • Medizinprodukte im Sinne des Medizinprodukterechts, die zur Diagnose, Verhütung, Überwachung, Vorhersage, Prognose, Behandlung oder Linderung von lebensbedrohlichen und hochansteckenden Infektionskrankheiten bestimmt sind, entwickeln oder herstellen;
  • In-vitro-Diagnostika im Sinne des Medizinprodukterechts, die dazu dienen, Informationen über physiologische oder pathologische Prozesse oder Zustände oder zur Festlegung oder Überwachung therapeutischer Maßnahmen im Zusammenhang mit lebensbedrohlichen und hochansteckenden Infektionskrankheiten zu liefern, entwickeln oder herstellen;
  • persönliche Schutzausrüstungen im Sinne des Artikel 3 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 entwickeln oder herstellen; und
  • Dienstleistungen erbringen, die zur Sicherstellung der Störungsfreiheit und Funktionsfähigkeit staatlicher Kommunikationsinfrastrukturen im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 und 2 des BDBOS-Gesetzes erforderlich sind.

Im Vergleich zu dem Referentenentwurf des BMWi (vgl. unsere Mandanteninformation hierzu) werden bestimmte Komponenten, Vorprodukte, Herstellungsanlagen und –technologien sowie die Gewinnung und Weiterverarbeitung kritischer Rohstoffe nicht mehr erfasst.

Der Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrags über einen meldepflichtigen Erwerb ist dem BMWi unverzüglich mitzuteilen. Die geplante Änderung des Außenwirtschaftsge-setzes sieht zudem die Einführung eines Vollzugsverbots für meldepflichtige Erwerbe vor. Das dem Vollzug des Erwerbes dienende Rechtsgeschäft soll dann erst nach Freigabe durch das BMWi wirksam werden.

2. Präzisierung des Untersagungskriteriums

Bei der Prüfung, ob der Erwerb die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet, soll insbesondere berücksichtigt werden, ob

  • der Erwerber unmittelbar oder mittelbar von der Regierung (einschließlich sonstiger staatlicher Stellen oder Streitkräfte eines Drittstaates) kontrolliert wird, insbesondere aufgrund der Eigentümerstruktur oder in Form einer nicht geringfügigen Finanzausstattung;
  • der Erwerber bereits an Aktivitäten beteiligt war, die nachteilige Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union hatten; oder
  • ein erhebliches Risiko besteht, dass der Erwerber oder die für ihn handelnden Personen an Aktivitäten beteiligt waren oder sind, die in Deutschland den Tatbestand bestimmter Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten erfüllen würden (u. a. Geldwäsche, Betrug, Bestechung oder Bestechlichkeit, Verstoß gegen außenwirtschaftsrechtliche Bestimmungen etc.).

Diese Präzisierung soll sowohl für die sektorübergreifende als auch die sektorspezifische Investitionskontrolle gelten.

Die geplante Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes sieht zudem eine Absenkung des Untersagungskriteriums vor. Ausreichen soll dann schon eine voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit.

3. Weitere Änderungen

Die 15. AWV-Novelle stellt klar, dass ein Asset-Deal der Investitionskontrolle unterliegt. Davon erfasst ist der Erwerb

  • eines abgrenzbaren Betriebsteil eines inländischen Unternehmens oder
  • aller wesentlichen Betriebsmittel eines inländischen Unternehmens oder eines abgrenzbaren Betriebsteils eines inländischen Unternehmens, die für die Aufrechterhaltung des Betriebs des Unternehmens oder eines abgrenzbaren Betriebsteils erforderlich sind.

Ferner wird konkretisiert, dass grundsätzlich der unmittelbare Erwerber meldepflichtig ist, auch wenn dieser in der EU ansässig ist. In solchen Fällen kann aber auch der unionsfremde mittelbare Erwerber die Meldung abgeben. In der Meldung sind zwingend der Erwerb, der Erwerber und das zu erwerbende inländische Unternehmen anzugeben sowie die Geschäftsfelder des Erwerbers und des zu erwerbenden inländischen Unternehmens in den Grundzügen darzustellen.

Ansprechpartnerin Presse