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Neue Sanktionen der EU gegen Russland

Angesichts des anhaltenden Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und der bekannt gewordenen Gräueltaten der russischen Streitkräfte in der Ukraine hat die Europäische Union ein weiteres Sanktionspaket verabschiedet, das bereits in Kraft getreten ist.

Die neuen Sanktionen ergänzen die bisherigen Maßnahmen (vgl. hierzu unsere vorherige Mandanteninformationen 1, 2 und 3). Die Bundesregierung hat inzwischen ein Unterstützungsprogramm für vom Krieg betroffene deutsche Unternehmen beschlossen. 

ZUSAMMENFASSUNG

Die neuen Sanktionen beinhalten insbesondere folgende Maßnahmen:

  • Exportverbote für eine Vielzahl von Materialien, Produkten und Maschinen;
  • Importverbote für Kohle und Güter wie Dünger, Holz, Zement und Spirituosen;
  • Ausschluss von Verkehrsinfrastruktur und Auftragsvergabe;
  • Verbot der Finanzierung öffentlicher Körperschaften und bestimmter Treuhandgestaltungen;
  • Ausweitung der persönlichen Sanktionen auf über 200 weitere Personen und Unternehmen, insbesondere Banken wie die VTB.

Das Unterstützungsprogramm des Bundes umfasst:

  • Ein KfW-Kreditprogramm für Unternehmen aller Größenklassen;
  • Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme, die in zeitlicher Hinsicht ausgedehnt werden

A) Exportverbote

Neu eingeführt wurde ein sehr umfassendes Exportverbot für über 650 Warengruppen, die zur Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands beitragen können. Verboten sind auch den Export unterstützende Dienstleistungen. Die Liste (Anhang XXIII) erfasst höchst unterschiedliche Güter, beispielsweise Gesteine, Pflanzen, Chemikalien, Farben, Filme, Gummi, Holzprodukte, Papier, Stoffe, Ziegel, Rohre, Eisen- und Stahlerzeugnisse, Maschinen, Technik- und Elektronikprodukte, Fertighäuser und Knopfrohlinge. Häufig sind auch Vorprodukte und Halbzeug erfasst. Vor dem 09. April 2022 geschlossene Verträge können bis zum 10. August 2022 erfüllt werden.

Es ist verboten, solche Güter unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder auszuführen.

Ergänzt wurden auch die Exportverbote für Hochtechnologiegüter, z. B. um Gegenstände aus den Bereichen Mikroskopie, Quantenelektronik, additive Fertigung, Mikrosysteme, E-Fuels etc. Untersagt wird ferner der Export von Flugturbinenkraftstoffen (außer Kerosin) und -Additiven nach Russland.

B) Importverbote

Eingeführt wird ein Importverbot für Kohleerzeugnisse und bestimmte andere fossile Energieträger. Zudem gilt nun ein Importverbot für bestimmte Güter, die Russland erhebliche Einnahmen erbringen. Diese Liste (Anhang XXI) erfasst ebenfalls höchst unterschiedliche Güter, beispielsweise Dünger, Holz- und Holzwaren, Zement, Meeresfrüchte, Spirituosen, Möbel und Wasserfahrzeuge. 

Hinsichtlich beider Importverbote gelten für vor dem 09. April 2022 geschlossene Verträge Ausnahmen, sodass Kohle noch bis zum 10. August 2022 und die anderen Güter bis zum 10. Juli 2022 eingeführt werden können.

C) Verkehrsinfrastrukturen und Auftragsvergabe

Im Sektor Verkehrsinfrastrukturen ist es zum einen unter russischer Flagge fahrenden Schiffen (auch Yachten und Sportbooten) ab dem 16. April 2022 verboten, europäische Häfen zu nutzen. Andererseits ist es in Russland niedergelassenen Speditionen untersagt, europäische Straßen zu nutzen. Es bestehen relativ weitgehende Ausnahmeregelungen.

Bei öffentlichen Auftragsvergaben in der EU sind russische Staatsangehörige und Unternehmen oder mehrheitlich im Eigentum von diesen stehende bzw. auf deren Anweisung handelnde Unternehmen zukünftig ausgeschlossen. Dies betrifft auch Unterauftragnehmer oder Lieferanten. Auch hier sind gewisse Ausnahmen vorgesehen.

D) Finanzierungsverbote, Verbot bestimmter Treuhandgestaltungen etc.

Hinsichtlich russischer Unternehmen in mehrheitlich öffentlicher Inhaberschaft oder unter öffentlicher Kontrolle ist – abgesehen von einigen Ausnahmen – jegliche unmittelbare oder mittelbare Unterstützung verboten.

Verschiedene Tätigkeiten im Bereich Treuhandgestaltungen werden verboten, wenn der Treugeber oder der Begünstigte ein Russe oder eine in Russland sitzende Rechtsperson ist bzw. mehrheitlich im Eigentum der zuvor Genannten steht, von diesen kontrolliert wird oder auf deren Anweisung handelt. Erfasst sind die Registrierung, die zur Verfügungstellung eines Sitzes und ab dem 10. Mai 2022 u.a. die Tätigkeit als Treuhänder, nomineller Anteilseigner oder Geschäftsführer oder ähnliche Funktionen. Von den vorgenannten Verboten bestehen bestimmte Ausnahmen.

Das bestehende Einlagenverbot wird derart erweitert, dass es verboten ist, russischen Personen und Unternehmen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowallets, -Konten oder der -Verwahrung bereitzustellen, wenn der Gesamtwert EUR 10.000 übersteigt.

Zudem wird das bestehende Verkaufsverbot von Euro-Wertpapieren an Russen bzw. russische Unternehmen auf alle amtlichen europäischen Währungen erweitert.

E) Weitere persönliche Sanktionen

Die persönlichen Sanktionen, insbesondere das Einfriergebot und das Verfügungsverbot, wurden auf eine Vielzahl weiterer Personen und Unternehmen erstreckt. Dies betrifft unter anderem bekannte Oligarchen (etwa Oleg Deripaska und die Gebrüder Rotenberg) oder Familienangehörige von Politikern (etwa Ekaterina Vladimirovna Tikhanova und Maria Vladimirovna Vorontsova als Töchter Vladimir Putins).

Auf Unternehmensseite werden insbesondere vier russische Banken, die VTB, Otkritie FC Bank, Novikombank und Sovcombank, grundsätzlich allesamt nebst ihren Tochtergesellschaften, erfasst. Eine Ausnahme besteht für die VTB Bank (Europe) SE, da die BaFin ihrer Muttergesellschaft die Ausübung ihrer Stimmrechte und der Bank selbst die Befolgung von Weisungen seitens ihrer Muttergesellschaft untersagt hat.

F) Das Unterstützungsprogramm der Bundesregierung

Um kurzfristig Liquidität für vom Krieg betroffene Unternehmen und Branchen sicherzustellen, werden seitens der Bundesregierung folgende Maßnahmen getroffen:

  • Ein KfW-Kreditprogramm für Unternehmen aller Größenklassen wird initiiert, das Zugang zu zinsgünstigen, haftungsfreigestellten Krediten ermöglichen soll; und 
  • bei Bund-Länder-Bürgschaftsprogrammen werden während der Corona-Pandemie eingeführte Erweiterungen für von dem Ukraine-Krieg nachweislich betroffene Unternehmen fortgesetzt.

Es wird allerdings betont, dass viele Härten hierdurch nicht abgefedert werden können und hohe Voraussetzungen für die Bewilligung bestehen.

Autoren: Daniel Wiedmann, Daniel Hoppen
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