Insight
März 2021 · Insight

Transparenzregister: Wandel vom Auffang- zum Vollregister und aktualisierte FAQs

Am 10. Februar 2021 hat die Bundesregierung ihren Entwurf des Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetzes („Regierungsentwurf“ oder „Reg-E“) veröffentlicht. Ziel des Regierungsentwurfs ist die Intensivierung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dazu sollen die bestehenden Transparenzpflichten im Geldwäschegesetz („GwG“) ausgeweitet und der europäische Informationsaustausch gestärkt werden.

Zudem hat das Bundesverwaltungsamt („BVA“), welches die Rechtsaufsicht über das Transparenzregister führt, seine erst am 19. August 2020 aktualisierten häufig gestellten Fragen zum Thema „Transparenzregister“ („FAQs“) zu zentralen Auslegungsfragen zur Bestimmung wirtschaftlich Berechtigter erneut überarbeitet und am 9. Februar 2021 hier veröffentlicht.

Zusammenfassung

Weitreichende Änderung: Streichung der Mitteilungsfiktion (§ 20 Abs. 2 GwG)

Der Regierungsentwurf sieht die ersatzlose Streichung von § 20 Abs. 2 GwG, der sog. Mitteilungsfiktion, vor – eine Änderung mit erheblicher Tragweite. Denn § 20 Abs. 2 GwG fingiert in seiner aktuellen Fassung die Erfüllung der Mitteilungspflicht an das Transparenzregister, wenn sich die Eigentums- und Kontrollstruktur bereits aus anderen Registern (insbesondere dem Handelsregister) nachvollziehen lässt (S. 2 Reg-E). Bei Einführung des Transparenzregisters 2017 prognostizierte die Bundesregierung noch, dass ca. 90 % der transparenzpflichtigen Rechtseinheiten (mit Ausnahme der Stiftungen) von der Mitteilungsfiktion profitieren würden (S. 92 f. BT-Drs. 18/1555).

Zukünftig werden nahezu alle Rechtseinheiten in Deutschland – unabhängig von Angaben in sonstigen Registern – Mitteilungen zum Transparenzregister vornehmen müssen.

Gute Nachrichten: Rücknahme der Ausweitung des Kontrollbegriffs durch das BVA

Das BVA nimmt seine Auffassung zur Einordnung mittelbar beteiligter wirtschaftlich Berechtigter auch bereits bei lediglich negativer Beherrschung (z.B. aufgrund von Vetorechten oder Sperrminoritäten) weitestgehend zurück. Die zuvor vom BVA vertretene Auffassung war auf heftige Kritik gestoßen und führte aufgrund widersprechender Auffassungen anderer Behörden (insbesondere der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) zu abweichenden Ergebnissen bei der Bestimmung von wirtschaftlich Berechtigten.

Mit Umsetzung des Regierungsentwurfs sind fortan alle transparenzpflichtigen Rechtseinheiten verpflichtet, ihre wirtschaftlich Berechtigten mitzuteilen und die Angaben auf dem aktuellen Stand zu halten, selbst wenn sie sich aus anderen Registern ergeben (S. 2 Reg-E). Damit erstarkt das Transparenzregister von einem bloßen Auffang- zu einem Vollregister, das einen quantitativ umfassenden und qualitativ hochwertigen Datenbestand aller transparenzpflichtigen Rechtseinheiten enthält (S. 2 Reg-E).

Folgen für die Praxis: Erheblicher Nachmeldeaufwand

Diese Änderung zwingt eine Vielzahl transparenzpflichtiger Rechtseinheiten zu Nachmeldungen. Deshalb sieht der Regierungsentwurf für Rechtseinheiten, die sich bisher auf die Mitteilungsfiktion berufen durften, Übergangsfristen vor (S. 22, 66 Reg-E).

Die Nachmeldungen müssen von

  • Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Societates Europaeae bis zum 31. März 2022,
  • Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften, Europäischen Genossenschaften und Partnerschaften bis zum 30. Juni 2022, und
  • allen anderen transparenzpflichtigen Rechtseinheiten (z.B. offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) bis zum 31. Dezember 2022

vorgenommen werden.

Bußgeldvorschriften, die die unterlassene Nachmeldung sanktionieren, bleiben jeweils um ein weiteres Jahr ausgesetzt (S. 66 Reg-E).

Mit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung dürfte im Juni 2021 zu rechnen sein.

Rücknahme der Ausweitung des Kontrollbegriffs

Für die Mitteilungen zum Transparenzregister ist die einwandfreie Bestimmung der mitzuteilenden wirtschaftlich Berechtigten von zentraler Bedeutung. Insbesondere in mehrstufigen Sachverhalten, bei denen natürliche Personen nicht unmittelbar, sondern über zwischengeschaltete Gesellschaften an einer mittteilungspflichtigen Rechtseinheit beteiligt sind, ergeben sich schwierige Abgrenzungsfragen. Zur Auslegung solcher Abgrenzungsfragen veröffentlicht das BVA in unregelmäßigen Abständen FAQs, denen verwaltungsinterne Bindungswirkung zukommt.

In den FAQs vom 19. August 2020 hat das BVA in Fällen der mittelbaren Beteiligung von natürlichen Personen an einer mitteilungspflichtigen Rechtseinheit den Begriff der Beherrschung weit ausgelegt und auch Fälle einbezogen, in denen die betreffende natürliche Person Entscheidungen lediglich verhindern, aber nicht von sich aus durchsetzen konnte (Verhinderungsbeherrschung oder negative Beherrschung). Es genügte damit auch auf dieser Ebene jede Art von Vetorecht (ohne nähere Bestimmung) oder das Halten von Sperrminoritäten, die so nach der gesetzlichen Lage nicht ausreichend sind (vgl. § 3 Abs. 2 GwG und § 290 Abs. 2 bis 4 HGB).

Aufgrund der Ausweitung des Kreises der wirtschaftlich Berechtigten und der schweren Handhabung des dynamischen, vom Einzelfall abhängigen Begriffs der Verhinderungsbeherrschung wurden die FAQs des BVA heftig kritisiert und verursachten großen Unmut in der Praxis, da viele Unternehmen sich dadurch zur aufwendigen Überprüfung sämtlicher Beteiligungen in ihren Beteiligungsketten gezwungen sahen.

Umso erfreulicher ist es, dass die fraglichen Passagen zur Sperrminorität in den nunmehr veröffentlichten FAQs vom 9. Februar 2021 gänzlich gestrichen wurden. Darüber hinaus folgert das BVA aus einem Vetorecht nicht mehr pauschal, sondern nur noch in wenigen Ausnahmefällen eine mittelbare wirtschaftliche Berechtigung (z.B. bei faktischer Kontrolle der Muttervereinigung, Veranlassung von Transaktionen aufgrund Vetorechts oder Vetorecht gegen sämtliche Gesellschafterbeschlüsse). Es ist daher nach unserem Verständnis davon auszugehen, dass in Fällen der mittelbaren Beteiligung einer natürlichen Person grundsätzlich nur positive Beherrschungsmöglichkeiten zur Einordnung als wirtschaftlich Berechtigter führen.

Autoren: Dr. Georg Greitemann, Dr. Katharina Gollan, Dr. Sebastian Käpplinger, Dr. Christoph Philipp, Dr. Stephan Schade